50 | IV–4 Echt Wild? – Jahresbericht LALLF Schwerpunktthemen 2024 Tierarten in der Wurst klar erkennen Dr. Volkmar Heinke, Dr. Matthias Denker Mecklenburg-Vorpommern verfügt über große Waldflä- chen, so dass in unserem Bundesland viele Wurstwaren aus Wildfleisch angeboten werden, die oft auch einen regiona- len Bezug haben. An diese Erzeugnisse stellen die Verbrau- cher bestimmte Erwartungen, denn schließlich geht es hier nicht um „normale“ Wurst aus Schweine- oder Rindfleisch, sondern um etwas Besonderes, was in der Regel auch einen höheren Preis hat (Abb. 1). Abbildung 1: Hirschfleischknacker und Wildschweinleberwurst mit Preiselbeeren Bei diesen Produkten stellt sich die Frage, ob eine „Wild- wurst“ zu 100 % aus Wild bestehen muss bzw. was in der Bezeichnung der Wurst anzugeben ist, damit der Käufer darüber Bescheid weiß, was er bekommt. Diese und ähn- liche Fragen zur Beschaffenheit werden in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebens- mittelbuches geregelt. Nach diesen bestehen Würste, bei denen die Bezeichnung nicht auf eine besondere Tierart hinweist (zum Beispiel eine „Salami“), aus Schweine- und/ oder Rindfleisch. Wird dieses Fleisch durch Teile anderer Tiere (zum Beispiel Wildfleisch) ersetzt, so muss der Name des Lebensmittels durch die Bezeichnung der Tierart/Gat- tung, von dem der Zusatz stammt, ergänzt werden, zum Beispiel „Salami mit Wildschwein“. Wird in der Bezeich- nung nur Wild angegeben, zum Beispiel „Wildsalami“, dann muss das Fleisch dieser Wurst ausschließlich(!) vom Wild stammen. Bei vorverpackten Würsten ist die Bezeichnung der konkreten Tierart auch im Zutatenverzeichnis anzu- geben, zum Beispiel „Zutaten: Rehfleisch …“. Bei Würsten, die aus Wildfleisch hergestellt worden sind, aber auch noch Fleisch oder Speck vom Hausschwein enthalten, muss dies auch aus der Bezeichnung des Produktes hervorgehen. An- dernfalls würde der Verbraucher ja ein reines Wildprodukt erwarten, aber nicht bekommen. Um den Verbraucher vor einer derartigen Irreführung zu schützen, wurden im Jahr 2024 im LALLF 20 Proben Wild- wurst im Rahmen eines Projektes untersucht. Diese Proben wurden vorverpackt oder unverpackt, als sogenannte „lose Ware“, angeboten und wiesen unterschiedliche Bezeich- nungen auf, zum Beispiel. „Wildschweinsalami“, „Wildwie- ner“ oder „Leberwurst mit Wildschwein und Pilzen“. Die Prüfung ergab bei 35 % der Proben, dass ein Hinweis auf die Verwendung einer anderen Tierart (Nicht-Wild) in der Bezeichnung fehlte, obwohl ein solcher erforderlich wäre. Beispielsweise hatte ein Hersteller sein Produkt ledig- lich als „Wildwiener“ bezeichnet aber Schweinespeck mit verarbeitet, so dass die korrekte Bezeichnung zum Beispiel „Wildwiener mit Schweinespeck“ hätte lauten müssen. Bei den meisten dieser Proben war bereits durch einen Blick in das Verzeichnis der Zutaten zu erkennen, dass Teile anderer Tiere, häufig Schweinefleisch oder –speck, mit verwendet worden war. Bei einer weiteren Probe war dies aber nicht möglich, denn es handelte sich um eine lose ab- gegebene Ware, so dass in diesem Fall kein Verzeichnis der Zutaten vorlag. Die Verwendung von Teilen vom Schwein, konnte mit Hilfe eines molekularbiologischen Untersu- chungsverfahrens ermittelt werden. Hier lag nicht nur eine an sich falsche Bezeichnung vor, sondern eine tatsächliche Irreführung der Verbraucher. In einem weiteren Fall war in einer Probe Wildfleisch enthalten, jedoch konnte dies nicht an Hand der Bezeichnung ersehen werden. Weiterhin fehl- te bei einer Probe im Verzeichnis der Zutaten eine Angabe dazu, welche konkrete Wild-Tierart verwendet worden war. Die genannten Wildwürste wurden nicht nur auf die Frage des Wildfleischanteils und deren korrekten Angabe geprüft. Auch Angaben über Nährwerte und die allgemeine Kenn- zeichnung standen im Fokus der Begutachtung. So waren insgesamt 14 der 20 Proben zu bemängeln, was einem An- teil von 70 % entspricht. Es zeigt sich, dass manche Her- steller bzw. Vertreiber von Wildwürsten noch genauer auf die Bezeichnung und die Gestaltung der Etiketten ihrer Produkte achten müssen. Infofox: Das Deutsche Lebensmittelbuch ist eine Sammlung von Leitsätzen, in denen die Herstellung, Beschaffen- heit und sonstige Merkmale von zahlreichen Lebens- mitteln beschrieben werden. Dabei soll der redliche Herstellungs- und Handelsbrauch sowie die berechtigte Verbrauchererwartung dargestellt werden. Die Leitsät- ze sind keine Rechtsnormen, d.h. kein Gesetz, sondern haben den Charakter objektiver Sachverständigen- gutachten, die allerdings im Falle eines gerichtlichen Verfahrens noch einmal überprüft werden können. Erarbeitet werden die Leitsätze von der Deutschen Lebensmittelbuchkommission, welche in mehreren Fachausschüssen aufgeteilt arbeitet. In diesen wirken Vertreterinnen und Vertreter der Lebensmittelüber- wachung, Wissenschaft, der Verbraucherschaft und der Lebensmittelwirtschaft zusammen. Die Leitsätze können auf der Homepage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft abgerufen werden.